Große Ehre für Anne Panther – Heidelberger Schiedsrichterin pfeift bei Olympia in Rio

Es ist die Krönung einer steilen Karriere. Regionalligaspielerin Anne Panther (33) vom USC Heidelberg ist als Schiedsrichterin für die Olympischen Spiele im August in Rio de Janeiro nominiert worden. „Davon träumt doch jeder“, sagte sie im Februar 2015, als dieses große Ziel noch so unheimlich weit weg schien. Doch mit hervorragenden Leistungen hat sich Anne Panther in den Vordergrund gepfiffen und machte beim vorolympischen Test-Turnier in Rio den letzten entscheidenden Schritt. Außer ihr wird nur noch Robert Lottermoser, der einzige deutsche Profi-Schiedsrichter, in Rio pfeifen. Er war schon 2012 in London bei.

„Ich laufe seit der tollen Nachricht mit einem breiten Grinsen durch die Gegend“, freute sich Anne Panther, „wenn ich darauf angesprochen werde, kommt die Freude und der Stolz in mir hoch“. Sie konnte es gar nicht glauben, als sie in der E-Mail des Weltverbandes FIBA ihren Namen las. „Das ist eine große Auszeichnung“, meinte die Heidelbergerin, die für die TG Sandhausen pfeift. Ihr erster Eindruck von Rio ist positiv. „Die beiden Hallen, in denen Basketball gespielt wird, sind fertig“, so Panther nach dem Test-Turnier, das in allen Sportarten stattfindet, um die Bauten und die technischen Einrichtungen zu überprüfen. Sie hat in der brasilianischen Bevölkerung durchaus Vorfreude auf Olympia festgestellt, wenn auch die vielen Staus durch Bauarbeiten nerven.

Nur wenigen deutschen Schiedsrichtern wurden bisher olympische Ehren zuteil. Einer von ihnen war der Heidelberger Torry Schober, der 1968 in Mexico City sieben Spiele pfiff und zu den beiden besten Schiedsrichtern gehörte. Später wurde er Ehrenschiedsrichter der FIBA.

In diese großen Fußstapfen tritt die 1,75 m große Anne Panther nun. Dass die Spieler bis zu einen halben Meter größer sind als sie, daran hat sie sich gewöhnt. „Man sollte ihnen nicht ‚face to face‘ gegenüberstehen und am besten einen Schritt zurückgehen“, erklärt Anne Panther. Autorität ist wichtig, dabei kommt es laut Panther auf die Körpersprache an. Sie versucht Präsenz, Ruhe und Selbstsicherheit auszustrahlen. Die DBB-Schiedsrichter werden  u. a. von Polizeipsychologen geschult. Es sei ganz wichtig, wie man Arme, Mimik und Gestik einsetzt. „Wir sind mitunter die Blitzableiter“, berichtet Panther. Sie wurde schon beworfen, „es gibt Spiele, da ist man hinterher mental total ausgelaugt“ (Panther).

Über Streetball war sie im heimischen Rostock zum Basketball gekommen. Sie spielte Regionalliga und 2. Liga beim EBC Rostock, später bei der BG Rentrop Bonn. 2012 kam sie aus beruflichen und privaten Gründen nach Heidelberg und spielt seitdem im Regionalligateam des USC auf der Aufbau- und Flügelposition. Schiedsrichterin ist sie allerdings für die TG Sandhausen.

In Rostock pfiffen viele ihrer Teamkameradinnen und verdienten sich ein bisschen Taschengeld dazu. So probierte es auch Anne Panther. Bereits mit 15 Jahren machte sie die D-Lizenz, ein Jahr später die C-Lizenz, mit der sie Oberliga und Regionalliga pfeifen konnte. „Ich hatte nie über die Regionalliga hinausgedacht“, erinnert sich Panther, die acht Jahre lang im Landesverband Schiedsrichterin war. Und dann ging alles ganz schnell. Am 4. Mai 2009 pfiff sie ihr erstes Spiel in der BBL. Bei Köln gegen Nördlingen bekam sie gleich richtig was zu tun. „Es gab drei technische Fouls, zwei Unsportliche und eine Disqualifikation“, erinnert sich Panther. Fortan war sie in den höchsten Ligen bei den Männern und Frauen aktiv. Schon während ihrer ersten BBL-Saison wurde sie vom Schiedsrichter-Verantwortlichen der FIBA angesprochen, ob sie sich vorstellen könnte, auch international zu pfeifen. Sie konnte und machte 2012 in Mannheim die Prüfung, die sich über zwei Wochen erstreckte. Dann begann das Warten, ob die Lizenz im Internet erscheint. Und sie erschien. „Ich habe mich sehr gefreut und war stolz“, beschrieb Anne Panther ihre damaligen Gefühle.

Ihr erster internationaler Einsatz war die U18-Juniorinnen-EM 2012 in Bukarest. Auch dort bewährte sie sich und wurde 2013 für die U19-WM weiblich in Litauen und die Frauen-WM 2014 in der Türkei nominiert. Dort war sie Schiedsrichterin des Viertelfinales zwischen Frankreich und Brasilien und des Halbfinales zwischen Spanien und der Türkei. „So etwas genießt man natürlich“, so Panther. Es war das beste und größte Spiel des Turniers, und sie zeigte eine gute Leistung. Ihren Mut und ihre Konsequenz bewies sie, als sie im Hexenkessel dem türkischen Trainer ein technisches Foul gab.

Weitere Höhepunkte waren das Finale der Euro League in Jekaterinburg zwischen Fenerbace und Galatasaray Istanbul, sowie die Nominierung zur Frauen-EM 2015. Für eine voll Berufstätige auch eine logistische Herausforderung. Für die internationalen Spiele fliegt sie in der Regel dienstags abends hin und donnerstags früh mit dem ersten Flieger zurück, um direkt zur Arbeit zu gehen. Zum Glück unterstützt ihr Arbeitgeber das Hobby. 500 Euro bekommt der 2. und 3. Schiedsrichter in der BBL, der 1. Schiedsrichter bekommt etwas mehr. Hinzu gibt es Fahrtkosten. Das ist alles. Profi-Schiedsrichter gibt es nur einen. Und nur wenige Frauen schaffen den Sprung. In der Beko BBL ist sie die einzige Schiedsrichterin, in der Pro A gibt es zwei weitere Frauen, in der Pro B sechs Frauen. „Du musst Basketball verrückt sein“, meint Anne Panther. Wenn sie frei hat, dann schaut sie Basketball im Fernsehen oder trainiert und spielt selbst. Auch in der Nachwuchsförderung für junge Schiedsrichter/-innen engagiert sie sich. Ihr Freund ist ebenfalls Schiedsrichter in der Beko BBL.

„Ich staune selbst, wie schnell das alles gegangen ist“, blickt Anne Panther auf ihren steilen Aufstieg als Schiedsrichterin zurück und erinnert sich daran, wie sehr sie damals in Rostock kämpfen musste, mal Regionalliga zu pfeifen. Statt Rostock wird es in wenigen Monaten Rio sein.

Michael Rappe

Schiedsrichterin Anne Panther1

Zur Person: Anne Panther

Geboren: 18. Juni 1982.

Beruf: Diplom-Kauffrau, Stabsstelle für Grundsatzfragen.

Wohnort: Dossenheim.

Vereine: SSC Schwerin, PSV Schwerin, EBC Rostock, BG Rentrop (2. Bundesliga), seit 2012 USC Heidelberg II (Regionalliga).

Erfolge als Spielerin: Deutsche Meisterin Streetball, Meister 1. und 2. Regionalliga, Aufstieg in die 2. DBBL.

Position: Aufbau, Flügel.

Erfolge als Schiedsrichterin:

Beko BBL: Play-off-Nominierungen, 2016 Beko BBL TOP FOUR Finale.

FIBA: U18w-EM, U19w WM, Frauen-WM 2014, Euro League w Finale, Final Four, 2015 Europameisterschaft Frauen (Viertel-, Halb- und Finalspiel), Nominierung für die Olympischen Spiele 2016 in Rio.

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