Wieder in letzter Sekunde verloren  

Die Spielerinnen der SNP BasCats waren kaum zu trösten. Pele Gianotti und Britta Daub standen die Tränen im Gesicht, es herrschte Enttäuschung pur. Sie hatten in der Partie gegen den deutschen Meister Herner TC wieder ihr großes Kämpferherz ausgepackt, alles gegeben, einen 10-Punkte-Rückstand aufgeholt und am Ende erneut durch eine Fehlentscheidung der Schiedsrichter fünf Sekunden vor Schluss mit 62:63 verloren. Die erst am Tag zuvor von Herne verpflichtete US-Amerikanerin Rebecca Harris verwandelte die zwei Freiwürfe eiskalt. So stand am Ende die zwölfte Saisonniederlage im 16. Spiel. Der Kampf um den Klassenerhalt geht weiter.

Janiek van Veen versucht an Hernes neuer Amerikanerin Rebecca Harris vorbei zu kommen.

Foto: Tom Eisele

Spielerisch war die Partie längst nicht so hochklassig wie die gegen Keltern. Herne hat eine ganz andere Spielweise. Die Defense des deutschen Meisters ist schon große Klasse, gegen die musste für jeden Wurf hart gearbeitet werden. Freie Würfe gab es nur wenige. Die Gäste hatten aufgrund ihrer Verletztenmisere am Tag zuvor noch die US-Amerikanerin Rebecca Harris verpflichtet. Kapitänin Jordan Frericks fehlte verletzt. Nach recht gutem Start der SNP BasCats übernahm Winter-Neuzugang Angelika Stankiewicz die Führung. Die polnische Nationalspielerin war gar nicht zu halten und hatte nach sieben Minuten schon neun Punkte auf dem Konto. Das muss man besser verteidigen. Es war eine überaus physische Partie mit vielen Freiwürfen. Als Ex-Nationalspielerin Katharina Fikiel zwei davon zum 10:19 verwandelte, lagen die Gastgeberinnen erstmals mit neun Punkten zurück, zur Viertelpause waren es sieben.

Die SNP BasCats steigerten sich in der Defense und wurden treffsicherer. Dreier von Olivia Nash, Linn Schüler und Michala Palenickova sorgten für den Anschluss, Gianotti und Nash mit einem weiteren Dreier gar für die Halbzeitführung von 39:35. Die Wurfquote aus der Nah- und Mitteldistanz betrug sehr starke 60 Prozent. Der Wermutstropfen: Britta Daub, Rachel Arthur und Victoria Harris hatten schon drei Fouls auf dem Konto. Bei Daub und Arthur der Hauptgrund, dass sie in dieser Partie nie so recht ins Rollen kamen. Beide zusammen hatten in der ersten Halbzeit nur einen Wurfversuch!

Michala Palenickova steuerte einen Distanztreffer bei. Foto: Tom Eisele

Das dritte Viertel gehört eindeutig Herne. Die SNP BasCats schafften lediglich sechs Punkte, Victoria Harris und Janiek van Veen erzielten die einzigen Feldkörbe. Mit einem Distanztreffer sorgte Stankiewicz für die 53:45-Führung Hernes nach 30 Minuten.

Auch den ersten Korb des vierten Durchgangs erzielte der Meister und Pokalsieger. Dann jedoch kämpften sich die SNP BasCats ins Spiel zurück. Mit großer Leidenschaft startete sie einen 9:0-Lauf mit Punkten von Pele Gianotti (5), Victoria Harris und Rachel Arthur. Nash sorgte mit ihren beiden einzigen Punkten in der zweiten Halbzeit für die erste Führung 58:57, die Rachel Arthur zum 60:57 ausbaute.

Linn Schüler gegen Rebecca Harris. Foto: Tom Eisele

Nachdem die starke Adelina Abaiburova verkürzt hatte, gelang Pele Gianotti mit energischem Zug zum Korb das 62:59, da waren noch 1:26 Min. zu spielen. Der folgende Angriff Hernes führte nicht zum Erfolg, so dass die Heidelbergerinnen die Chance hatten, zu erhöhen. Gianotti wurde beim Wurfversuch hart bedrängt – vielleicht ein Foul? 14 Sekunden vor Schluss haben die SNP BasCats Einwurf durch Victoria Harris, fünf weitere Sekunden später verliert Olivia Nash den Ball. Herne nimmt die Auszeit – eine sehr lange Auszeit… Einwurf Stankiewicz, Rebecca Harris geht ins Eins gegen Eins gegen Olivia Nash, dann der Pfiff. War das ein Foul? Eher nein. Trainer Dennis Czygan reklamiert vehement, zeigt an, dass Nash die Gegenspielerin regelgerecht mit der Brust, nicht etwa mit den Armen verteidigt hat. Es hilft nichts. Der Herner Neuzugang lässt sich vom Spektakel in der Halle nicht beeindrucken. Die verbleibenden Sekunden reichen nicht mehr für einen konstruktiven Angriff. Herne gewinnt mit einem Punkt – kaum zu glauben.

Unglücklicher kann man kaum verlieren. Natürlich hätte man bei 62:59 den Sack zumachen können, den letzten Angriff beim 62:61 anders ausspielen müssen. Wer aber will dem Aufsteiger gegen ein abgezocktes Team wie Herne die fehlende Cleverness und Erfahrung vorwerfen? Auch die US-Amerikanerinnen im Team der SNP BasCats, ebenso wie Janiek van Veen und Shanice Norton, bestreiten ihr erstes Jahr in der 1. Damen-Basketball-Bundesliga. Nun heißt es Nerven behalten und möglichst noch drei Siege für den Klassenerhalt zu holen.

Ein Satz zur Zuschauerresonanz sei erlaubt. Dass eine Woche nach der Klasseleistung gegen Keltern und angesichts der durchweg spannenden Heimspiele in dieser Saison noch weniger Zuschauer kommen, ist kaum zu verstehen. Gerade mal 200 wollten die Partie gegen den deutschen Meister sehen. Es fehlte keineswegs an der Stimmung, die Unterstützung war großartig, aber ein bisschen mehr (zahlenmäßige) Resonanz hätte Heidelbergs Erstligist doch verdient.

Vielleicht unterstützen die Treuesten der Treuen die Mannschaft am nächsten Sonntag (9. Februar) beim Abstiegsduell in Saarlouis. Die SNP BasCats setzen einen Fanbus ein, die Fahrt ist kostenlos. Los geht es um 10.45 Uhr am Festplatz in Schriesheim. Anmeldungen unter stephan.winkler@heidelberg-basketball.de.

Stenogramm: 4:2 (2.), 8:9 (6.), 8:17 (8.), 14:21 (10.), 18:25 (12.), 28:33 (15.), 33:33 (17.), 39:35 (Halbzeit), 45:46 (26.), 45:53 (30.), 54:55 (24.), 58:57 (27.), 62:59 (28.), 62:63 (Endstand).

Punkte SNP BasCats: Gianotti 20, Nash 14/2, Harris 8, Palenickova 4/1, van Veen 4, Norton 4, Arthur 4, Schüler 3/1, Daub 1, Zipser.

Punkte Herne: Stankiewicz 16/1, Abaiburova 10, R. Harris 9/1, Brajkovic 8, Rupnik 7/1, Westerik 7/1, Fikiel 6, Zolper, Claesson.

Rebounds: 35:41 (SNP BasCats/Herne): Harris 11, Nash 8, Team 7 – Abaiburova 9, Fikiel 7, Team 6.

Wurfquote aus dem Feld: 48:40%

Dreierquote: 25:25% (4/16:4/16)

Freiwurfquote: 86:75%

Ballverluste: 13:12

Stimmen zum Spiel:

Trainer Dennis Czygan: „Nun haben wir zum zweiten Mal in Folge so ein Spiel verloren. Es war kein Foul an Rebecca Harris, ich stand genau davor. Die Schiedsrichter haben mal kleinlich, dann gar nichts gepfiffen. Herne hat eine sehr gute Defense und mit ihren beiden 1,95 m großen Spielerinnen natürlich Vorteile im Rebound. Wir hätten in der letzten Offensivszene zum Korb ziehen müssen. Aber ich mache niemandem einen Vorwurf. Es waren tolle Spiele von uns gegen zwei Topteams wie Keltern und Herne, es waren keine Muss-Siege. Zu loben ist unsere Mentalität, dass wir nach einem Rückstand von zehn Punkten zurückkommen. Jetzt müssen wir in den Spielen, wo wir gewinnen müssen, da sein. Teilweise waren wir heute zu soft im Angriff und haben uns darauf verlassen, dass die Schiedsrichter pfeifen.“

Co-Trainer Chris Baum: „Das ist unglaublich bitter, zum zweiten Mal in Folge so ein Spiel zu verlieren. Es war absolut kein Foul und wieder eine Fehlentscheidung. Ich kann es mir nicht erklären. Herne hat die kleinliche Linie der Schiedsrichter natürlich sehr geholfen. Britta Daub hatte mit den Pfiffen Pech. Wir haben defensiv heute gegenüber dem Keltern-Spiel nochmal ein Stück draufgelegt. Bei unserem letzten Angriff hätten wir natürlich den Ball vor den Korb bringen müssen, um Zeit von der Uhr zu nehmen. Wir hätten vier Punkte mehr haben können, das sollte uns für nächsten Sonntag in Saarlouis motivieren. Das Pech müssten wir für diese Saison jetzt aufgebraucht haben.“

Michael Rappe

Beitragsbild: Pele Gianotti auf dem Weg zum Korb. Foto: Tom Eisele