Melanie Hoyt: Die lange Reise nach Europa

29 Sep. 2025

Als Melanie Hoyt nach einem achtstündigen Flug zum ersten Mal in ihrem noch jungen Leben europäischen Boden betrat, da lag ein ganz neuer Abschnitt vor ihr. Vorbei die  Zeit an ihrem College St. Anselms in New Hampshire, wo sie eine der herausragenden Spielerinnen gewesen war. Vor der 22-Jährigen lag die erste Profistation beim deutschen Zweitligisten USC BasCats Heidelberg.

Dort wurde sie sehr offen und freundlich empfangen, und das gab die 1,88 Meter große Centerspielerin sogleich zurück. Im Sturm eroberte sie die Herzen der Mitspielerinnen und der Verantwortlichen. In den Testspielen machte sie nicht nur mit herausragenden Leistungen (mehrere Double-Double) auf sich aufmerksam, sondern auch mit Kommunikationsfähigkeit und Führungsstärke. Folgerichtig wurde sie zur „On-Court-Kapitänin“, für einen Neuzugang sicherlich ungewöhnlich. Hoyt teilt sich den Job mit Julia Wroblewski, die „off-court“ für die Organisation sorgt.

Wenn man sich mit Melanie Hoyt unterhält, dann fällt sofort ihre offene und herzliche Art auf. Mit wachen Augen nimmt sie alles auf, hört interessiert zu, möchte dazulernen. In dieser Woche beginnt der Deutsch-Unterricht, und man kann wohl fest davon ausgehen, dass sie sich auch in der völlig fremden Sprache schnell zurechtfinden wird.

Durchsetzungsstark: Melanie Hoyt gegen gleich zwei Mainzerinnen. Foto: Lukas Adler 

„Ich bin froh, dass ich in Deutschland gelandet bin“, erzählt die gebürtige New Yorkerin, die verschiedene Angebote in Europa hatte. „Hier sind alle supernett, die meisten sprechen Englisch, das hat es mir sehr einfach gemacht.“ Sie stammt aus einer echten Basketball-Familie, die Eltern David und Rebecca und die Schwestern Madison und McKenna haben gespielt oder spielen noch Basketball. Es sei natürlich hart gewesen, die Familie zu verlassen, aber mit der heutigen Technik ist es ja relativ leicht in Kontakt zu bleiben. Lediglich der Zeitunterschied von sechs Stunden macht ihr noch zu schaffen. Heimweh verspürt sie allerdings nicht, „mit diesem tollen Team habe ich kein Heimweh.“ Heidelberg gefällt ihr super gut, den Philosophenweg hat sie bereits entdeckt, das Schloss, ebenso die Altstadt. Melanie Hoyt ist angekommen in der Stadt am Neckar.

Trotzdem war sie buchstäblich „geschockt“, als sie gefragt wurde, ob sie Kapitänin der BasCats werden möchte. „Ich war sehr geehrt, es war nicht unbedingt gewollt, dass ich gleich Kapitänin werde.“ In ihrem „Senior-Jahr“, dem letzten auf dem College, zeigte sie durchweg überdurchschnittliche Leistungen, das gab ihr Selbstvertraue. Selbstvertrauen, das sie auch auf dem Spielfeld ausstrahlt und ihren Mitspielerinnen vermittelt.

Bei der Punktspielpremiere am vergangenen Samstag gegen Mainz verspürte sie jedoch – verständlicherweise – Nervosität. „Das ist bei mir zu Saisonbeginn immer so“, lachte sie. Mit der Mainzerin Alina Dötsch hatte sie eine enorm physische Centerin gegen sich, da musste sie sich erst dran gewöhnen. Mit zunehmender Spielzeit wurde sie immer stärker. „Ich denke, ab einem gewissen Zeitpunkt habe ich meine Mitspielerinnen gefunden“, meinte Hoyt zufrieden. Je acht Punkte und Rebounds sowie je zwei Vorlagen und Ballgewinne hatte sie nach knapp 26 Minuten Spielzeit in der Statistik.

„Dieses Team kann sehr viel erreichen“, ist Melanie Hoyt überzeugt. Die Saison sei lang, aber die Playoffs sicherlich möglich und auch, dort dann möglichst weit zu kommen. „Mit der Energie von heute wollen wir fortfahren“, sagte sie nach dem 87:63-Erfolg gegen Mainz. Von zwei Teamkameradinnen zeigte sie sich besonders beeindruckt. „So gut wie Carla Koch war ich mit 15 noch nicht“, sagte sie über die Jüngste im BasCats-Team. Sie bringe ganz viel, wenn sie von der Bank kommt. Und dann Kelly Moten. „Kelly ist so ruhig, sie organisiert, bringt Ruhe rein, wenn es nötig ist.“

Einen großen Unterschied gibt es nun in ihrem neuen Leben auf dem Alten Kontinent. „Auf dem College hatte ich Basketball und das Studium, hier nur Basketball“, so Melanie Hoyt, die einen Major-Abschluss in „Business Administration and Finance“ hat. Das bringt deutlich mehr Freizeit mit sich, in der sie Bücher liest oder ihre neue Heimatstadt erkundet. Melanie Hoyt und Heidelberg – das scheint eine runde und erfolgreiche Sache zu werden.

Michael Rappe

Beitragsbild: Melanie Hoyt ist die neue Kapitänin der USC BasCats Heidelberg. Foto: Lukas Adler