Was für ein unfassbarer Krimi! 75:67 nach Verlängerung gewannen die BasCats USC Heidelberg das letzte Vorrundenspiel gegen München Basket und beenden die erste Halbserie durch den siebten Sieg in Folge auf Platz drei. In einer höchst intensiven Partie war Helena Nägele die alles überragende Spielerin. Mit sagenhaften 40 Punkten, 15 davon im vierten Viertel und zwölf in der Verlängerung, trieb sie ihr Team zum Sieg.
Normalerweise ist ein Basketballspiel nach rund zwei Stunden vorbei, diese denkwürdige Partie dauerte jedoch zwei Stunden und 35 Minuten. Grund dafür waren nicht nur die Verlängerung, sondern zahlreiche Spielunterbrechungen durch strittige Aktionen von Schiedsrichtern und Kampfgericht. Das korrekte Zählen von persönlichen Fouls und von Auszeiten der Trainer war am Samstagabend ein riesiges Problem. „Wir hatten das Kampfgericht in der 35. Minute nach der Anzahl der Auszeiten des Münchner Trainers gefragt. Daraufhin haben wir noch eine gegeben, obwohl er schon drei statt zwei genommen hatte“, erklärte Schiedsrichterin Anna Rapp dazu. Normalerweise gibt es dafür ein technisches Foul, doch dieses gab das Schiedsrichtergespann dann nicht.
Es war eine tolle Stimmung in der alten Halle des ISSW, weil über 100 Jugendliche aus Basketballvereinen der Region Stimmung machten. Der dramatische Spielverlauf tat sein Übriges, so dass hoffentlich der eine oder andere Fan wiederkommen wird. Die Kulisse trug maßgeblich dazu bei, dass die BasCats eine Partie mit zehn Führungswechseln doch noch für sich entscheiden konnten. Mitte des vierten Viertels lagen sie mit sieben Punkten zurück, gut eine Minute vor Ende der Verlängerung mit 63:66.
Ja, spannend war es, dramatisch auch, spielerisch gut war diese Partie allerdings nicht. Sowohl Heidelberg als auch München pflegen einen sehr aggressiven und schnellen Spielstil, das taten sie auch am Samstagabend, überboten sich dabei jedoch an Ballverlusten und schlechten Würfen. 60 Ballverluste auf beiden Seiten, Wurfquoten zwischenzeitlich von unter 25 Prozent, eine Vielzahl an Fouls (57) – das alles prägte diese Partie.
Es ging los mit einer furios aufspielenden Miriam Diala, die die ersten neun Punkte ihres Teams im Alleingang erzielte. Bei den Gästen war es Estelle-Marie Muller, die die ersten fünf Zähler von München erzielte, gemeinsam mit der Ex-Heidelbergerin Theresa Spatzier war sie die einzige Akteurin, die im ersten Viertel punkten konnte. Bei den BasCats war es ausgeglichener, sie schienen mit ihrem enormen Tempo überlegen. Mit 21:11 führten sie nach dem ersten Viertel verdient.
Doch es kam wie so oft. Sie ließen vor allem offensiv sehr nach, vergaben freie Korbleger, während bei den Gästen nun auch andere Spielerinnen trafen. Mit 6:12 ging das zweite Viertel an München.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde es nicht besser. Theresa Spatzier, in der ersten Halbzeit noch gut gestoppt, drehte auf und plötzlich lagen die Gäste beim 27:29 erstmals vorne. Immer wieder kassierten die BasCats Foulpfiffe, Helena Linder bekam Mitte des dritten Viertels ihr viertes Foul, drei weitere Spielerinnen hatten drei. Bei München hatte keine einzige Spielerin drei Fouls. Immer mehr übernahm nun Helena Nägele das Kommando. Ein toller Alleingang mit Korberfolg und Foul brachte das 35:35. Die Partie blieb eng.
Auch der Start ins vierte Viertel war seitens der BasCats schwach. Ein Freiwurfpunkt von Diala war bis zu einem Distanztreffer von Helena Nägele nach vier Minuten die einzige Ausbeute. Ruckzuck stand es 46:53, doch ein Freiwurf der Kapitänin und zwei weitere Dreier ohne jede Ringberührung von ihr brachten den erneuten Ausgleich. Beim 55:57 gab es zur erwähnten Szene wegen der Auszeiten. Über zehn Minuten dauerte die Pause. Die Zuschauer wussten nicht, was los ist, weil Lautsprecherdurchsagen im ISSW häufig nicht zu hören sind. Nägele pushte die Zuschauer mit einer Handbewegung auf, „BasCats, BasCats“ schallte es durchs ISSW.
Nägele verkürzte per Freiwurf zum 56:57, verwarf aber den zweiten und Miriam Diala vergab den Offensivrebound zum Sieg. Verlängerung! Hier kassierte Sanata-Lea Ouedraogo ein Foul, alle dachten, ihr viertes, so stand es zumindest auf der Anzeigetafel. Wieder wurde die Partie unterbrochen, beim Nachzählen ergab sich, dass es ihr fünftes Foul war. Verärgert verließ die Flügelspielerin das Spielfeld. Nun wurde Helena Englisch ein Faktor, sie stand immer wieder an der Freiwurflinie und brachte München mit 60:59 in Führung. Ein sensationeller Dreier von Nägele in letzter Sekunde eines Angriffs und ein Freiwurf von ihr sorgte für das 63:60, doch München konterte wieder.
Helena Nägele schaffte es nun immer wieder, Fouls zu ziehen. Sie war überall auf dem Spielfeld und überhaupt nicht mehr zu stoppen. Sie klaute Bälle (drei Steals), dirigierte, rannte und traf. Sechs Freiwurftreffer in Serie sorgten für das vorentscheidende 69:66. Zurecht wurde sie von den Zuschauern begeistert gefeiert. Die Partie endete dann, wie sie begonnen hatte, mit einem Korberfolg von Miriam Diala, die mit 18 Punkten und 17 Rebounds ebenfalls ein ganz tolles Spiel gemacht hatte. Zwei Spielerinnen mit 58 von 75 Punkten, das sagt viel aus.
Die BasCats gehen nun in die verdiente Weihnachtspause, ehe am 7. Januar beim MTV Stuttgart die Rückserie beginnt.
Ausschnitte vom Spiel sind am Montag um 18 Uhr in der Sportsendung von Ron.TV im Internet zu sehen
Statistik (BasCats/München)
Dreierquote: 23:19% (8/35:3/16)
Zweierquote: 35:46%
Freiwurfquote: 78:62%
Rebounds: 50:44 (Diala 17, Karavassilis 7, Irthum 4)
Assists 11:8 (Palenickova 4, Nägele 3)
Turnover 24:36
Stenogramm: 5:0 (1.), 9:4 (3.), 15:9 (8.), 21:11 (10.), 23:13 (13.), 23:20 (17.), 27:23 (20.), 27:31 (24.), 32:31 (25.), 32:35 (26.), 39:38 (30.), 39:45 (33.), 46:53 (35.), 55:53 (36.), 57:57 (40.), 59:60 (43.), 63:60 (43.), 63:66 (44.), 69:66 (45.), 75:67 (Endstand).
BasCats: Nägele 40/7, Diala 18, Palenickova 4, Irthum 3, Salazar 2, Linder 2, Ouedraogo 2, Karavassilis 2, Wroblewski 2.
München: Muller 21, Spatzier 14, Englisch 9, Culum 6, Genttner 4, Riedmann 4, Molz 4, Rasenberger 3, Wendt 1, Damitz 1, Aigner, Seligmann.
Stimmen zum Spiel:
Trainer Sebastian Nörber: „Helena war heute überragend. Sie war der Kopf der Mannschaft. Dabei hatte sie nur am Freitag trainiert und hätte fast nicht spielen können. München verteidigt ähnlich wie wir, wir hätten konsequenter in den „Drives“ sein müssen. Im zweiten Viertel haben wir total zurückgeschraubt und vor allem von außen nicht getroffen. Theresa Spatzier haben wir in der ersten Halbzeit gut im Griff gehabt. Die Unterbrechungen sind mental sehr fordernd, aber die Kulisse hat uns heute mitgetragen. Wir haben die Qualität, zurück zu kommen. Das gehört auch zu einer Vorrundenbilanz. Wir fangen uns jetzt auch in schwierigen Situationen, was zum Beispiel zu Saisonbeginn gegen Wasserburg oder Mainz noch nicht der Fall war.“
Helena Nägele: „Nachdem ich Freitag nur ein halbes Training mitgemacht habe, wusste ich nicht, was heute passiert. Es hätte auch katastrophal werden können. Wenn der erste Wurf sitzt, dann gibt das Sicherheit. Ich musste bei einigen Würfen teilweise den Kopf schütteln, dass sie drin waren. Normalerweise werfe ich ja nur, wenn ich ganz frei bin. Aber mein Team hat es auch geschafft, mich frei zu spielen. Leider ist es immer so bei uns, dass wir ein tolles erstes Viertel spielen und dann nachlassen. Wir hatten so viele einfache Würfe. Wir haben die „looks“, verwandeln die Würfe dann aber nicht. Es war sehr, sehr intensiv. Wir haben die Pfiffe nicht so bekommen wie München. Die Unterbrechungen sind mental schwierig. Vor der Verlängerung habe ich den zweiten Freiwurf verworfen, Miri hat den Rebound vergeben. Das muss man erst mal verkraften. Der Sieg heute war wichtig für den Kopf. Mit dem siebten Sieg in Folge können wir positiv in die Pause gehen.“
Michael Rappe
Beitragsbild: Standing ovations für Helena Nägele. Foto: Andreas Gieser