39 Punkte – das ist selbst in einem Zweitligaspiel eine Seltenheit. Leimens Jenni Klett warf die KuSG einst im Meisterschaftsfinale gegen Viernheim mit 39 Punkten zum Sieg, doch solche Zahlen sind eine absolute Ausnahme. Franziska Worthmann schaffte diese Punktzahl in der vergangenen Saison in der Partie der TG Neuss Tigers. Die Fans der SNP BasCats können sich freuen, denn Worthmann wird künftig für sie auflaufen. Und sie ist eine Spielerin mit ganz viel Erfahrung. Die 33-Jährige ist der erste Neuzugang für die neue Bundesligasaison. Die frühere U20-Nationalspielerin spielt auf der Flügelposition und hat Erstligaerfahrung aus Chemnitz und Marburg. Trainer Dennis Czygan verspricht sich von ihr eine Führungsrolle. Sie könnte die Schwächen der BasCats in engen Spielsituationen beheben.
Franziska Worthmann (Nr. 5) bei der Defense.
Foto: Wolfgang Rommerskirchen
Die gebürtige Niedersächsin war in Sachen Basketball eine Spätstarterin. Nach Stippvisiten beim Schwimmen, Volleyball und in der Leichtathletik entdeckte sie im heimischen Rotenburg an der Wümme ihre Liebe zum orangefarbenen Leder erst mit zwölf Jahren. Ihr großes Talent wurde aber schnell sichtbar, „schon mit 15 oder 16 habe ich für die BG 89 Avides Hurricanes in der 2. Liga gespielt“, erinnert sich Worthmann. Auch der DBB wurde aufmerksam und sie wurde in der U16, U18 und U20 eingesetzt. „Für eine EM hat es leider nie gereicht“, bedauert sie.
Nach bestandenem Abitur wollte Franziska Worthmann eigentlich in die USA, das klappte jedoch nicht. Durch Trainerin Alex Kojic kam sie nach Marburg und spielte dort ein Jahr in der 1. Bundesliga. Durch ihr Studium „Risiko- und Sicherheitsmanagement“ in Bremen kehrte sie nach Rotenburg zurück und spielte dort auch unter der heutigen Freiburger Trainerin Hanna Ballhaus. Nach Abschluss des Studiums ging sie in die USA in die Nähe von Pittsburgh, dort lief es aber nicht nach Wunsch. „Ich war gegenüber den anderen Mitspielerinnen schon relativ alt, und die eigene Meinung zu sagen, das war dort nicht sonderlich beliebt.“
Franziska Worthmann möchte eine Führungsrolle übernehmen. Foto: Wolfgang Rommerskirchen
Nach ihrer vorzeitigen Rückkehr spielte sie ein halbes Jahr beim Erstligisten ChemCats Chemnitz, ehe sie in England ihren Master in Criminology & Criminal Justice (Kriminologie) machte. Anschließend bekam sie ein Jobangebot in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Köln und spielte für die RheinStars Köln ein Jahr in der Regionalliga und eines in der 2. Liga. „Dort wurden jedoch eher die Männer gefördert“, blickt Franziska Worthmann zurück. Zusammen mit zwei weiteren Kölnerinnen wechselte sie 2014 zu den TG Neuss Tigers und wurde dort heimisch. Die für ihre knallharte Defense geschätzte Scharfschützin wurde dort Kapitänin. „Eine meiner Stärken ist sicherlich der Distanzwurf“, sagt sie.
In der abgelaufenen Saison der 2. Liga Nord erreichte Franziska Worthmann mit Neuss den fünften Platz und damit die erneute Playoff-Teilnahme (erstmals kamen die ersten Acht in die Playoffs, nicht wie in den Vorjahren die ersten Vier). Doch durch Corona wurden diese nicht mehr ausgetragen, so dass sich Franziska Worthmann nicht so richtig von ihrem Ex-Klub verabschieden konnte. Ihr Abschied stand durch den beruflichen Wechsel zum Pharma-Konzern Merck in Darmstadt schon fest.
„Dennis Czygan war einer der ersten Trainer, die sich bei mir gemeldet haben“, berichtet Franziska Wortmann. Es habe gleich gut gepasst. Der USC wurde ihr als familiärer Verein geschildert und „Heidelberg soll schön sein.“ Zuletzt hat sie die 1. Bundesliga nicht mehr so verfolgt, und von den beiden 2. Ligen eben eher den Norden, wo sie gespielt hat. Daher kennt sie von den SNP BasCats nur einige Spielerinnen vom Namen her. „Ich bin noch sehr ehrgeizig und fit“, möchte sie die Herausforderung 1. Bundesliga noch einmal voll in Angriff nehmen. Ihr Arbeitgeber hat bereits Unterstützung signalisiert, so dass sie das in der 1. Liga umfangreichere Training meistern kann. „Von den BasCats weiß ich, dass dort versucht wird, mit möglichst vielen Deutschen zu spielen und dass das Team jung ist. Es fehlt offenbar an Erfahrung“, so Worthmann. „Diese Führungsrolle traue ich mir zu, insbesondere wenn es um „leading by example“ geht. Natürlich ist es leistungsmäßig noch mal ein Sprung zwischen 2. und Bundesliga, aber ich denke aber schon, dass ich durch meine Erfahrung dieser Rolle gerecht werden kann.“
In ihrer knappen Freizeit reist sie gerne, sofern dies nicht gerade von Corona verhindert wird, und kocht sehr gerne. „Ich versuche, auf meine Ernährung zu achten“, sagt Franziska Worthmann; sicherlich ein Faktor, dass sie mit 33 noch so leistungsfähig ist.
Die erstligaerfahrene Spielerin ist eine gefährliche Schützin.
Foto: privat
Zur Person: Franziska Worthmann
Geboren am 18. Dezember 1986 in Rotenburg/Wümme.
Wohnort: Darmstadt
Beruf: Senior Expert BCM & Krisenmanagement (Studium Risiko und Sicherheitsmanagement an der HfÖV Bremen. Master Kriminologie an der Durham University in England. Bei der Firma Merck in Darmstadt wird sie künftig im Bereich Krisenmanagement tätig sein.
Größe: 1,76 m
Familienstand: ledig
Position: Flügel
Vereine/Stationen: BG 89 Avides Hurricanes (von 1998 bis 2006), BC Marburg (2006-2007), BG 89 Avides Hurricanes (2007-2010), Robert Morris University (Moon Township, nahe Pittsburgh), ChemCats Chemnitz (2011), University of Durham/Durham Wildcats (England, 2011-2012) RheinStars Köln (2012-2014), TG Neuss Tigers (seit 2014).
Größte Erfolge: U16-, U18- und U20-Nationalspielerin, Bundesligaspielerin in Chemnitz und Marburg. 2017/18 All Star Team der 2. Liga Nord. Mit der TG Neuss seit 2015 dreimal im Playoff-Halbfinale. Statistiken Saison 2019/20: 19 Punkte pro Spiel, Wurfquote: 42 Prozent, Dreierquote: 36 Prozent.
Michael Rappe