Story Olivia Nash: „Ich möchte mehr Kontinuität in meiner Karriere“

Auf einem herrlichen Fleckchen Erde ist Olivia Nash geboren. Im kleinen Städtchen Escanaba (13.000 Einwohner) auf der „Upper Peninsula“ (UP, obere Halbinsel) am Lake Michigan kam sie im Februar 1994 zur Welt. Die seit kurzem 25 Jahre alte Centerspielerin der BasCats USC Heidelberg hatte in der Hafenstadt eine wohlbehütete Kindheit mit ihren Geschwistern Matt, Lauren und Jared und den Eltern Gary and Donna. „Es gab viele Nachbarskinder“, erinnert sich Olivia Nash sehr gerne an diese Zeiten. Jagen, Fischen und Sport waren die Hauptaktivitäten in den warmen Sommern und den sehr kalten Wintern weit im Norden von Michigan.

Olivia Nash mit ihren Eltern Donna und Gary.

Sportlich gehörte Olivia Nashs Leidenschaft zunächst der Leichtathletik. Hochsprung, Sprint und Crosslaufen hat sie betrieben. Mit langen Beinen und einer exzellenten Sprungkraft war sie für den Hochsprung äußerst talentiert und wurde drei Jahre hintereinander (2009 bis 2011) Siegerin der „UP state championships“. „Ich glaube, meine Bestleistung war 1,65 m“, erinnert sie sich.

Mit 14 Jahren kam Olivia Nash auf die Highschool. Ab dem  zweiten Jahr begann sie dort auch mit dem Basketball. Vater Gary trainierte ihre Schwester, die vorher mit Basketball begonnen hatte, und da es nicht genügend Mädchen gab, begann auch Olivia damit, zunächst parallel zur Leichtathletik. Die Saison im Basketball ging auf der High School von November bis März, im April und Mai stand vor der Sommerpause Leichtathletik im Mittelpunkt. Im ersten Jahr spielte Nash noch auf der Aufbauposition, dann begann sie jedoch stark zu wachsen. Nach zwei Jahren als „shooter“ wechselte sie langsam auf die Centerposition. „Kraft ist der entscheidende Punkt auf dieser Position, zum Glück bin ich physisch stark genug.“ Genau dieser physische Basketball macht für sie den Spaß aus. Oft ist sie nach den Spielen richtig müde und kaputt.

Für die „Grizzlies“ der Oakland University am Ball.

Aufs College nach Oakland

2012 ging es aufs College nach Oakland (Michigan). Fünf Stunden entfernt von zu Hause, war dies kein leichter Schritt. Aber ihre Eltern waren höchst motiviert und „ich liebte das Spiel und die unbegrenzten Möglichkeiten, gute Freunde zu finden. Am Ende hat es sich ausgezahlt“, so Olivia Nash. Sie studierte „Business management“ mit dem Schwerpunkt „human resources“ (Personalwesen) und machte 2016 ihren Abschluss.

In diesen vier Jahren spielte sie für die „Golden Grizzlies“ und wurde schnell ein wichtiger Bestandteil dieses Teams in der NCAA. Olivia Nash erinnert sich besonders gern an die Duelle in der Horizon League gegen Green Bay. „Die haben sonst fast immer gewonnen, aber in meiner Zeit haben wir sie dreimal geschlagen“, erzählt sie. Im Januar 2016 erzielte sie ihre Bestmarke von 28 Punkten gegen Wright State, bei den Rebounds sind 16 gegen Darthmouth (Januar 2015) ihre Bestmarke zu US-Zeiten. 32mal erzielte sie ein Double-Double. Viel wichtiger als diese sportlichen Erfolge waren jedoch für sie die weiten Reisen und die geschlossenen Freundschaften.

„I do not speak Finnish“

Nach dem College fiel die Entscheidung, nach Europa zu gehen. Die US-Profiliga WNBL war nie ein Thema, die Konkurrenz in den USA ist einfach zu groß. Mit 1,85 m war sie dafür möglicherweise auch zu klein. „Aber es war schon ein Traum von mir, Profi zu werden“, berichtet Olivia Nash. Ihre gleichaltrige Freundin Elena Popkey und sie hatten die gleiche Agentur. Während es Popkey nach Bad Homburg verschlug, landete Olivia Nash im Sommer 2016 in Finnland. Die winzige 3000-Einwohner-Gemeinde Vimpeli in West-Finnland wurde ihre neue Heimat. Sie spielte für Vimpelin Veto in der ersten finnischen Liga. „Für einen Rookie war das ein gutes Angebot“, so Olivia Nash. Für sie bedeutete es ein neues aufregendes Kapitel in ihrem Leben, weit weg von zu Hause. „Meine Eltern haben sich sehr für mich gefreut, aber natürlich waren sie auch besorgt, dass ihre Tochter nun mehr als 10.000 Kilometer weg ist.“ So reiste sie voller Spannung nach Finnland, all ihre Sachen in zwei Koffern verstaut. Sie kannte niemanden, doch die Trainer waren „sehr cool und das Team hat mir geholfen.“ Ohne ein Wort dieser äußerst schwierigen Sprache zu sprechen, wäre sie wohl ohne diese Unterstützung nicht zurechtgekommen. „Eine Agentin sorgt für den Vertrag, ein Dach über dem Kopf, dass man pünktlich bezahlt wird und ein Transportmittel hat“, erklärt Olivia Nash. Das Transportmittel in Finnland war ein Fahrrad. „Ganz schön kalt“, erinnert sie sich noch heute fröstelnd. Der Satz „I do not speak Finnish“ wurde zum häufig genutzten Ausspruch.

In Finnland bei Vimpelin Veto.

Foto: Pasi Ahola

Nach einem Jahr im hohen Norden ging es nach Luxemburg. Der dortige Erstligist Basket Esch wurde ihre zweite Station als Profi. Nach den Weiten Finnlands genoss sie wieder das Gefühl, in einer Stadt zu leben. „Es war schön außergewöhnlich; in Michigan fährt man fünf Stunden Auto und ist immer noch in Michigan, im kleinen Luxemburg fährt man 20 Minuten und ist einem anderen Land.“ Ein neuer Trainer, viele junge Spielerinnen, damit war dem Topteam Steinsel nicht beizukommen. Im Sommer fiel im gegenseitigen Einvernehmen die Entscheidung, sich zu trennen.

Mit der Nummer 11 bei Basket Esch.

In Heidelberg gleich wohl gefühlt

Olivia Nash hatte ein weiteres Angebot aus Luxemburg – dann kamen die BasCats. Ihre Agentur brachte sie mit Dennis Czygan in einer Facebookgruppe zusammen. „Es war von Beginn an ein gutes Verhältnis, es war sehr schön, mit ihm sowie Serena Benavente und Anna Meusel zu sprechen.“ Nash wusste vom gerade erfolgten Abstieg aus der 1. Bundesliga, war jedoch sofort von der Teamchemie angetan. „Serena führte uns in die Altstadt, wir aßen Schnitzel und waren in einem Café“, erinnert sich Nash an ihre erste Begegnung mit Heidelberg. Elena Popkey hatte ihr bereits von den Schönheiten der Stadt am Neckar erzählt. Dennis Czygan war schnell von ihr überzeugt, während manch Experte skeptisch war. „Die Statistiken in einer Liga wie Luxemburg anzuführen, ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal fürs Ausland“, gibt Nash zu. Doch sie bekam die Chance und ist mittlerweile aus der Mannschaft nicht mehr wegzudenken. Als beste Rebounderin der 2. Liga hat sie ihre Klasse nachgewiesen. „Sie ist eine unserer konstantesten Spielerinnen und hat das erfüllt, was ich erhofft habe“, so Czygan.

Menschlich passt sowieso alles bestens. Die stets freundliche, hilfsbereite und offene Centerin wird von Mannschaft, Umfeld und Fans gleichermaßen geschätzt. In Handschuhsheim lebt sie zusammen mit Aufbauspielerin Britta Daub in einer Wohnung. Und bei den BasCats hat sie auch wieder ein Auto und muss nicht auf dem Fahrrad frieren… „In manchen Vereinen ist es ganz schwer, als Basketballspielerin und menschliches Wesen akzeptiert zu werden“, findet Olivia Nash. Bei den BasCats sei dies völlig anders. Das Team sei unheimlich eng miteinander befreundet und der Erfolgshunger sei groß. Da fiel es ihr leicht, sich zu integrieren. „Ich kann mir keine bessere Mitbewohnerin vorstellen“, sagt Britta Daub über Olivia, „das Wohnen mit ihr ist total entspannt.“

Zum ersten Mal in einer Meisterschaftsrunde

Nun geht die Amerikanerin mit der Nummer 44  („ich mag die Zahl 4 und hatte diese Nummer schon in Oakland“) mit den BasCats in die Playoffs. Eine neue Erfahrung für sie. „Die anderen Spielerinnen im Team wie Chatzi, Anna oder Laurien wissen, was jetzt zu tun ist, sie haben das schon mal erlebt. Ich war noch nie in einem Championship-Game. Aber wir wissen, dass es nicht leicht wird. Andererseits, wenn wir unseren Basketball spielen, wird es schwer uns zu schlagen.“ Und sollte es mit der Meisterschaft klappen, dann will sie diesen Moment auf jeden Fall zelebrieren. „Das wäre definitiv ein Moment, den ich nie vergesse, aber wir sollten nicht zu früh daran denken.“ Von der Papierform erwarte sie Bamberg im Finale. Jetzt käme erst einmal das Halbfinale gegen Speyer. „Gegen Speyer müssen wir so schnell spielen wie wir es bisher getan haben. Wir wissen, dass wir gut rebounden müssen, da sie über eine gewisse Größe verfügen. Aber generell werden die Playoffs super umkämpft sein.“

Olivia Nash im BasCats-Trikot gegen Bambergs Riesin Victoria Waldner.

Foto: Andreas Gieser

Olivia Nash ist vor Spielen nach eigener Aussage ziemlich ruhig. Und sie ist sehr selbstkritisch. Für die 1. Bundesliga, so die BasCats denn dahin aufsteigen, müsse sie sich weiter erheblich steigern. „Geschwindigkeit, Defense, mentale Härte, all das müsste ich verbessern.“ In der 1. Liga gäbe es viel mehr Druck, aber im Sommer sei schließlich genug Zeit, sich darauf vorzubereiten. Nash würde übrigens gerne auch im Falle des Verbleibs in der 2. Liga ein weiteres Jahr für die BasCats spielen. „Über das Verlieren habe ich bisher noch nicht nachgedacht, aber ich möchte gerne etwas Kontinuität in meiner Karriere haben“, erklärt sie, zumal es ihr hier sehr gut gefällt. Einen Traum, nämlich Profi zu werden, hat sie sich bereits erfüllt. Ihre weiteren Träume lauten: „Meister werden und so lange wie möglich spielen.“ In Heidelberg würde das sicherlich jeden freuen.

Michael Rappe

Olivia mit ihrem Kater Teedle. „Ich liebe ihn“.

Fotos (4): privat

Videos Olivia Nash:

https://www.youtube.com/watch?v=oUVU5OdSDSM (Highlights 2016 Oakland)

https://www.youtube.com/watch?v=wVPSKEQ33lQ (Ihr erstes Interview bei den BasCats)

Zur Person: Olivia Nash

Geboren: am 25. Februar 1994 in Escanaba, Michigan.

Wohnort: Heidelberg-Handschuhsheim.

Familienstand: ledig.

Größe: 1,85 m.

Position: Center.

Beruf: Basketball-Profi.

Bisherige Stationen: Escanaba Area High School, Golden Grizzlies (Oakland University), 2016/17: Vimpelin Veto (1. Liga Finnland), 2017/18: Basket Esch (1. Liga Luxemburg), seit 2018/19: BasCats USC Heidelberg.

Erfolge: Über 1000 Punkte für die Golden Grizzlies und siebtbeste Rebounderin aller Zeiten; dreifache Hochsprungmeisterin der Upper Peninsula. Drittbeste Schützin und beste Rebounderin aller Zeiten der Escanaba Area High School.

Ehrungen: Zahlreiche Ehrungen als MVP, Berufungen in All-Star-Teams.

Michael Rappe